11.11.2021 | Die zentrale Haftungsvorschrift für die GmbH-Geschäftsführung ist in § 43 GmbHG verankert. Danach haftet ein Geschäftsführer für den Fall, dass er in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nicht umsetzt.
In einer neuerlichen Entscheidung vom 22.06.2021 hatte der Bundesgerichtshof wieder einmal Gelegenheit zu einem wesentlichen Aspekt der Geschäftsführerhaftung Position zu beziehen. Im konkreten Fall ging es um die Frage, ob der beklagte Geschäftsführer an der Überleitung von Vertragsverhältnissen im Konkurrenzunternehmen aktiv mitgewirkt hat oder nicht.
Zunächst einmal wurde vom Bundesgerichtshof die bisherige Rechtsprechung zur Frage bestätigt, wer in einem Haftpflichtprozess was darzulegen und zu beweisen hat. Eine für den Geschäftsführer in der Tat folgenschwere Rechtslage. Denn nicht die Gesellschaft, sondern der Geschäftsführer hat darzulegen und zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltsplichten als ordentlicher Kaufmann nachgekommen ist, ihn kein Verschulden trifft oder dass der geltend gemachte Schaden auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre. Die anspruchstellende Gesellschaft ist hingegen in einer komfortablen Position; sie hat lediglich eine Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und inwieweit der Gesellschaft durch ein Verhalten des Geschäftsführers in seinem Pflichtenkreis ein Schaden entstanden ist. Nicht mehr und nicht weniger.
Eine weitere Konsequenz ergibt sich für jeden Geschäftsführer auch für die Zeit nach seinem Ausscheiden aus der Geschäftsführerposition. Denn der Geschäftsführer einer GmbH ist auch dann gegenüber der Gesellschaft zur Auskunftserteilung für Schadensfälle verpflichtet, wenn er schon lange als Geschäftsführer ausgeschieden ist. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Nebenpflicht aus seiner vorherigen Geschäftsführerposition. Allerdings hängt die Informationspflicht vom Informationsbedürfnis der Gesellschaft ab, was nur anhand des konkreten Einzelfalles beurteilt werden kann.
Nun in diesem Zusammenhang zu einem wesentlichen Kernsatz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes: Nach der aktuellen Entscheidung wird die Auskunftspflicht des Geschäftsführers nicht einmal dadurch eingeschränkt, dass der Geschäftsführer mit der verlangten Auskunft ggfs. sogar eine Pflichtverletzung in seiner Person bestätigen würde. Dies unterscheidet einen Zivilprozess von einem Strafverfahren. Denn der Grundsatz, sich nicht selbst belasten zu müssen, gilt nur im Strafprozess, nicht hingegen in einem Zivilprozess, hier einem Schadensersatzprozess gegen den Geschäftsführer.
Damit ist der Geschäftsführer in einer Zwickmühle: Denn wenn er sich wahrheitsgemäß den Fragen der Gesellschaft stellt, kann es passieren, dass er mit seinen Antworten ein Anerkenntnis seiner Pflichtverletzung abgibt und damit einen Schadensersatzanspruch besiegelt. Antworten sollten deshalb stets von einem Rechtsbeistand begleitet werden – keine Garantie, aber die Möglichkeit der Reduzierung von sprachlichen Missverständnissen.