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Zwangsvollstreckung in die Einkünfte Selbstständiger

14.06.11 | Die Zwangsvollstreckung in die Einkünfte Selbstständiger aufgrund einer vollstreckbaren titulierten Forderung ist grundsätzlich möglich und effektiv durchführbar. Als gängige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen kommen die normalen Pfändungen durch den Gerichtsvollzieher, die Kontopfändung bzw. eine sog. Drittschuldnerpfändung in Betracht.

Allerdings besteht auch ein Vollstreckungsschutz im Hinblick auf selbstständig tätige Schuldner. Der Vollstreckungsschutz für laufende Einkünfte des Selbstständigen begründet sich aus § 850 Abs. 2 ZPO. Die sonstige Vergütung für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Schuldners vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen wird wie Arbeitseinkommen behandelt und dem Pfändungsschutz des §§ 850 ff. ZPO unterstellt. Dabei wird nicht darauf abgestellt, welche Dienstleistungen erbracht werden. Wesentlich ist vielmehr, dass es sich um wiederkehrende zahlbare Vergütungen für die Tätigkeiten aus Dienstleistungen handelt, welche die Existenzgrundlage des Selbstständigen sichern. Aus der Qualifizierung entsprechender Vergütungen des Selbstständigen als Arbeitseinkommen unterliegen entsprechende Vergütungen dem Pfändungsschutz nach § 850 c ZPO. Die Vorschrift des § 850 c ZPO regelt die Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen, wobei die Pfändungsfreigrenze für natürliche Personen ohne Unterhaltsverpflichtungen auf monatlich 1.028,89 € ab dem 01.07.2011 angehoben wird. Die bislang geltende Freigrenze beträgt 989,99 €.

Zusätzlich begründet die novellierte Regelung des § 850 Abs. 1 S. 1 ZPO einen Pfändungsschutz für Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen bilden. Mit dieser Regelung wird eine Lücke im Pfändungsschutz geschlossen, die bislang gerade auch Einkünfte Selbstständiger erfasste. Unter der Begrifflichkeit der sonstigen Einkünfte fallen im Wesentlichen Einnahmen aus der unternehmerischen Tätigkeit, die dem Unterhalt des Schuldners und seiner Angehörigen dienen. Im Rahmen des Pfändungsschutzes ist die Höhe der Einnahmen zu bestimmen. Dazu ist das möglicherweise aus mehreren Quellen stammende Einkommen auf eine angemessene Vergleichsgröße umzurechnen. Sodann ist anhand dieses Betrages die Höhe des unpfändbaren Einkommens anhand der Pfändungsschutzregeln für das Arbeitseinkommen zu bemessen. Dabei bilden die unpfändbaren Beträge gem. der Vorschrift des § 850 c ZPO bei gepfändeten Einkünften Selbstständiger lediglich die Untergrenze des Vollstreckungsschutzes. Denn der Pfändungsschutzbetrag des § 850 c ZPO leitet sich von dem Nettoeinkommen des abhängig Beschäftigten ab, so dass eine angemessene gesetzliche Altersvorsorge des Selbstständigen weiterhin in Abzug zu bringen ist. Entsprechende Beträge für eine angemessene Altersvorsorge sind auch bei der Pfändung der unter § 850 i ZPO fallender Vergütung in Abzug zu bringen. Für Pflichtbeiträge für berufsständische Versorgungswerke gilt dies ebenfalls. Weiterhin sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners und insbesondere seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten zu beurteilen. Den Belangen des Gläubigers an einer Befriedigung seiner Forderung wird dadurch Rechnung getragen, dass der Pfändungsschutzantrag des selbstständigen Schuldners insoweit abzulehnen wäre, als überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen (§ 850 i ZPO).

Bei gleichrangigen Gläubiger- und Schuldnerbelangen ist der Pfändungsschutz gegeben, weil gleichrangige Interessen des Gläubigers nicht genügen.

Abgerundet wird der Vollstreckungsschutz für den Selbstständigen durch die modifizierte Vorschrift des § 850 k ZPO. Nach der neu gefassten Vorschrift des § 850 k ZPO ist es im Rahmen des sog. Pfändungsschutzkontos unerheblich, um welche Art von Einkünften es sich handelt. Allerdings wird sich in der Praxis ein betrieblich genutztes Geschäftskonto nicht ohne weiteres in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln lassen.


Ihr Fachanwalt zu diesem Thema
Dr. Jörg Behrends
• Rechtsanwalt
• Fachanwalt für Steuerrecht
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