04.10.13 | Nicht nur ein Werk in seiner Gesamtheit, sondern auch Bruchstücke des Gesamtwerkes genießen urheberrechtlichen Schutz. Werden solche Bruchstücke über Peer-to-Peer-Netzwerke (so genannte „Tauschbörsen“) im Internet zum Download angeboten, löst dies einen Schadensersatzanspruch gegen den unberechtigt Anbietenden aus. Dies hat das Amtsgericht München in einem erst jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 3. April 2012 (Aktenzeichen 161 C 19021/11) entschieden.
Im entschiedenen Fall waren in einer Tauschbörse Dateien zum Herunterladen angeboten worden, die jeweils Teile von verschiedenen „Harry Potter“-Hörbüchern enthielten. Dies ist in Peer-to-Peer-Netzwerken möglich, da dort alle angeschlossenen Rechner gleichberechtigt sind und sowohl Dienste in Anspruch nehmen, als auch zur Verfügung stellen können. Somit kann ein Werk durch paralleles Herunterladen von verschiedenen Computern des Netzwerkes in kurzer Zeit auch aus kleinsten Teilen zusammengesetzt werden.
Der Hörbuchverlag, der Inhaber der Rechte an diesen Hörbüchern war, ging hiergegen vor. Er sprach eine Abmahnung gegen den Inhaber des Internetanschlusses aus, über welchen die Rechtsverletzung begangen wurde.
Der Abgemahnte gab daraufhin zwar die geforderte Unterlassungserklärung ab, wies jedoch die geltend gemachten Schadensersatzansprüche (Anwaltsgebühren und fiktive Lizenzgebühren) zurück. Er machte geltend, dass im Rahmen des Peer-to-Peer-Netzwerks nur einzelne Bruchstücke angeboten worden seien, jedoch niemals das Werk in seiner Gesamtheit. Bei den einzelnen Bruchstücken handele es sich aber um wertlosen Datenmüll.
Hierauf erhob der Hörbuch Verlag Klage und bekam Recht. Nach Auffassung des Amtsgerichts München wird durch das Urheberrechtsgesetz nicht nur das Gesamtprodukt geschützt, sondern auch kleinste Teile davon. Wie es in der nun herausgegebenen Pressemitteilung des Amtsgerichts München heißt, liege der Sinn und Zweck gerade darin, die Übernahme einer fremden Leistung generell zu unterbinden, egal wie klein oder umfangreich der übernommene Teil sei.
Anzumerken ist hierbei, dass es im vorliegenden Fall nicht um Rechte des Urhebers, hier also der Autorin der „Harry Potter“ Romane, ging, sondern um die Rechte des Tonträgerherstellers (§ 85 UrhG), welcher die entsprechenden Hörbücher produziert hatte. Das Gesetz gewährt dem Tonträgerhersteller ein eigenes und vom Recht des Autoren unabhängiges Schutzrecht. Während es bei den Rechten des Urhebers tatsächlich darauf ankommt, wie groß die Übereinstimmungen zwischen dem Original und dem entnommenen Teil des Originals sind, spielt dieser Aspekt im Bereich des Schutzes von Tonträgerherstellern keine Rolle.