27.04.15 | Das Amtsgericht Göttingen hat mit Beschluss vom 15.01.2015 zu dem gerichtlichen Aktenzeichen 74 IN 94/10 zu der Frage der Anzeigepflicht des Schuldners anlässlich einer Erbschaft Stellung genommen.
Ein Insolvenzschuldner ist zur Anzeige der Erbschaft gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO verpflichtet. Diese Verpflichtung setzt ein, wenn die Erbschaft angenommen ist bzw. nicht mehr ausgeschlagen werden kann.
Weiterhin ist der Schuldner im Rahmen seiner Obliegenheiten gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO verpflichtet, Vermögen, das er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, zur Hälfte des Wertes an den Treuhänder herauszugeben. Der Schuldner muss die Obliegenheit des § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO durch aktives Tun erfüllen. Das heißt er ist zur Verwertung des Nachlasses im Wege der Auseinandersetzung und zuvor schon zur Auszahlung eines sich aus dem Barnachlass ergebenen Mindestbetrages verpflichtet.
Mit dem Beschluss über die Verfahrensaufhebung wurde der Schuldnerin die Restschuldbefreiung angekündigt und ein Merkblatt zur „Wohlverhaltensperiode“ übersandt. In diesem Merkblatt erfolgte u.a. der Hinweis, dass Erbschaften dem Treuhänder und dem Insolvenzgericht gem. § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO mitzuteilen sind.
Am 22.06.2012 verstarb die Mutter der Schuldnerin, die zu gleichen Teilen von der Schuldnerin und deren Schwester beerbt wurde. Der Verfahrensbevollmächtigte der Schuldnerin übersandte mit Schreiben vom 12.09.2012 den Erbschein an den Treuhänder. Eine Herausgabe des hälftigen Wertes des ererbten Vermögens gem. § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfolgte trotz mehrfacher Aufforderung des Treuhänders nicht. Mit Beschluss vom 08.05.2014 hat das Insolvenzgericht die bewilligte Stundung der Verfahrenskosten gem. § 4c Nr. 5 InsO aufgehoben. Der hiergegen gerichteten Beschwerde der Schuldnerin wurde nicht abgeholfen.
Nach der rechtlichen Einordnung des Amtsgerichts Göttingen hat die Schuldnerin sowohl gegen die Obliegenheit des § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO als auch der Obliegenheit des § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO verstoßen. Entgegen der Verpflichtung des § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO hat die Schuldnerin von Todes wegen erworbenes Vermögen verheimlicht. Dabei ging das Amtsgericht Göttingen von der Annahme aus, dass im Erbfall eine Verpflichtung des Schuldners zur Anzeige der Erbschaft gem. § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO besteht. Diese Verpflichtung besteht ab dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft angenommen ist bzw. nicht mehr ausgeschlagen werden kann. Im vorliegenden Fall verstarb die Erblasserin am 22.06.2012. Dabei ist das Amtsgericht Göttingen von einer zeitnahen Kenntnis der im selben Ort wohnenden Schuldnerin ausgegangen, so dass aus Sicht des Amtsgerichts Göttingen wenige Tage nach dem 03.08.2012 die sechswöchige Frist zur Ausschlagung der Erbschaft gem. § 1944 BGB ablief. Erfolgt dann die Information des Treuhänders mindestens einen Monat später, liegt ein Verstoß gegen die Obliegenheit des § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO vor. Weiter verstieß die Schuldnerin aus Sicht des Insolvenzgerichts gegen ihre Verpflichtung des § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Von dem ererbten Vermögen hat sie nicht die Hälfte des Wertes an den Treuhänder herausgegeben. Diesbezüglich ist die Schuldnerin mehrfach vergeblich vom Treuhänder zur Zahlung aufgefordert worden. Nach den Entscheidungsgründen des Amtsgerichts Göttingen kann sich die Schuldnerin nicht mit dem Einwand verteidigen, dass die Erbauseinandersetzung mit ihrer Schwester noch nicht abgeschlossen ist. Ein Schuldner ist verpflichtet, bei Bestehen einer Erbengemeinschaft aktiv zu werden. Dies hat ggf. auch im Wege der Auseinandersetzung und Verwertung des Nachlasses auch gegen den Willen des Miterben zu erfolgen.
Dem Schuldner im Insolvenzverfahren ist somit geboten, die Mitteilung einer Erbschaft unverzüglich gegenüber dem Treuhänder und dem Insolvenzgericht vorzunehmen. Unverzüglich im Sinne der Vorschrift des § 121 BGB heißt aus Sicht des Insolvenzgerichts in Göttingen spätestens innerhalb von 14 Tagen ab Kenntnis der Erbschaft. Ebenso zeitnah hat der Schuldner auf eine Verwertung des Nachlasses bzw. dessen Auseinandersetzung hinzuwirken und seine diesbezüglichen Bemühungen nachvollziehbar darzulegen, da ansonsten die Versagung der Restschuldbefreiung drohen kann.
[:en]25.10.17 | Selbst wenn eine Zeitung in ihrem Bericht über ein falsches Gerücht, darauf hinweist, dass es sich um ein Gerücht handelt, kann dies eine erhebliche Geldentschädigung begründen (OLG Hamburg mit Urteil vom 17. Januar 2017, Az. 7 U 32/15).
Ein Verlag berichtete in einem Artikel über ein in Deutschland sehr bekanntes Ehepaar (Corinna und Michael Schumacher). Auf dem Titelblatt war die folgende Schlagzeile abgedruckt: „Wie gemein! … Sie standen vor der Trennung! Wer setzt solche Gerüchte in die Welt? Es geht um die Zeit vor dem Unfall…“ Ursprünglich veröffentlichte ein Nutzer entsprechende Gerüchte auf seinem öffentlichen Facebook-Profil.
Der Artikel im Innenteil der auflagenstarken Zeitung befasste sich dann mit den Gerüchten über die Trennungsabsichten des berühmten Ehepaars.
Nach Ansicht des OLG Hamburg steht den Betroffenen eine Geldentschädigung in Höhe von 30.000 € zu, da die Verbreitung des unwahren Gerüchts das Persönlichkeitsrecht in schwerwiegender Weise verletze und rechtswidrig in die Privatsphäre des Ehepaars eingreife. Der Verlag habe keine Recherche dargelegt, auf welchen Erkenntnissen der vorhergehende Facebook-Post beruhe.
Die Verbreitung des Gerüchts wurde in dem Artikel zwar als „gemein“, „fies“ und „widerlich“ bezeichnet, dennoch seien diese Stellungnahmen nichtssagend und gäben keine Auskunft darüber, ob die Gerüchte wahr seien oder nicht.
Das Gericht nahm daher an, dass die Zeitung die Gerüchte ungeprüft einfach übernommen und sich nicht ausreichend davon distanziert habe, so dass ein hoher Schadensersatzanspruch gerechtfertigt sei.