01.08.13 | Das Rechtsinstitut der Eigenverwaltung ist in § 270 InsO verankert. Im Rahmen eines Eigenverwaltungsverfahrens ist der Schuldner berechtigt, unter der Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse selbst zu verwalten. Ziel einer möglichen Eigenverwaltung ist die Schaffung eines Anreizes für den Schuldner, rechtzeitig einen Antrag zu stellen. Ferner soll die Nutzung von Kenntnissen und Erfahrungen der bisherigen Geschäftsleitung ermöglicht werden, eine Einarbeitungszeit vermieden sowie Kosten gespart werden.
Die Regelungen über die Eigenverwaltung sind im Zusammenhang mit dem Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Möglichkeit, schon bei der Antragstellung einen Insolvenzplan vorzulegen, zu sehen.
Bisher konnte die Eigenverwaltung nur angeordnet werden, wenn sie nicht zur Verzögerung des Verfahrens oder zu sonstigen Nachteilen für die Gläubiger führte. Wurde das Insolvenzverfahren durch einen Gläubiger eingeleitet, musste dieser der Anordnung zustimmen. Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) verzichtet auf dieses Zustimmungserfordernis und senkt die materiellen Anordnungsvoraussetzungen ab. Ferner wird die frühzeitige Einbindung der Gläubiger über einen vorläufigen Gläubigerausschuss ermöglicht.
Im Verbraucherinsolvenzverfahren finden die Vorschriften über die Eigenverwaltung keine Anwendung (§ 312 Abs. 2 InsO).
Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung
1. Antrag des Schuldners
Die Anordnung der Eigenverwaltung setzt einen entsprechenden Antrag des Schuldners sowie einen Insolvenzeröffnungsantrag (§ 270 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 InsO) entweder vom Schuldner oder einem Gläubiger voraus.
Der Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung kann, muss aber nicht mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden werden. Er hat jedoch spätestens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Eröffnungsantrag vorzuliegen.
2. Keine Nachteile für die Gläubiger
Weiterhin setzt die Anordnung der Eigenverwaltung voraus, dass keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird.
Die neugefasste Norm stellt zu der bisherigen Rechtslage eine Art Beweislastumkehr zu Gunsten des Schuldners dar. Sind im Rahmen des erforderlichen Abwegungsprozesses über die Vor- und Nachteile der beantragten Eigenverwaltung mögliche nachteilige Auswirkungen auf das Vermögen der Gläubiger nicht konkret feststellbar, so geht dies zu Lasten der Gläubiger und nicht wie bisher zu Lasten des Schuldners. Die grundsätzliche Anwendbarkeit des Amtsermittlungsgrundsatzes bei der Feststellung von Nachteilen für die Gläubiger liegt in der primären Aufgabe des Gerichts, die Informationsverpflichtung des Schuldners nach §§ 20 Satz 2, 97 ff., 1 101 InsO zu nutzen und die Gläubiger zumindest über einen eingesetzten Gläubigerausschuss zu beteiligen.
Der Schuldner muss, soweit es sich um eine natürliche Person handelt, selbst die zur Eigenverwaltung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Insoweit kann er sich nicht durch einen Dritten vertreten lassen. Bei freiberuflich Tätigen ist zu beachten, dass die Eigenverwaltung nur möglich ist, wenn ein Widerruf der Zulassung nicht erfolgt.
Das Insolvenzgericht hat vor seiner Entscheidung über den Eigenverwaltungsantrag einen nach den Vorschriften des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a, 22a InsO eingesetzten Gläubigerausschuss anzuhören. Hiervon kann nur abgesehen werden, wenn dies im konkreten Fall offensichtlich zu einer nachteiligen Veränderung der Vermögenslage führen würde.
Sowohl über die Anordnung als auch über die Ablehnung hat der Richter im Eröffnungsbeschluss zu entscheiden.
Die in Aussichtnahme eines Eigenverwaltungsverfahrens kann im Ergebnis nur dann Erfolg haben, wenn dieses bei Vorlage der gesetzlichen Voraussetzungen sorgfältig vorbereitet worden ist. Hierzu bietet sich eine Vorabstimmung mit dem zuständigen Insolvenzgericht sowie einer Vorabstimmung mit den Gläubigern an.