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Der Schuldner-Pkw in der Insolvenz

16.01.13 | Der Schuldner-Pkw in der Insolvenz ist Gebrauchsgegenstand, ggf. notweniges Beförderungsmittel zur Fortführung bzw. Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder auch lediglich Prestigeobjekt. Der Pkw einer natürlichen Person verkörpert häufig einen Wert und wird deshalb regelmäßig als Sicherungsmittel eingesetzt. Zudem können die laufenden Kosten bestehend aus Kraftstoff, Versicherung und Steuer sowie Instandhaltungskosten das Budget der natürlichen Person erheblich belasten. Diese vielfältigen Dimensionen spiegeln sich auch in den insolvenzrechtlich bedeutsamen Fragestellungen wieder, mit denen sich der Bundesgerichtshof in der jüngsten Zeit wiederholt befassen musste.

Dabei ist für den Schuldner von besonderer Bedeutung, ob sein Fahrzeug zur Insolvenzmasse zählt und demzufolge von dem Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder verwertet werden kann. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO sind Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, nicht zur Insolvenzmasse gehörig. Daher ist entscheidend auf die Pfändungsschutzvorschriften abzustellen. Demzufolge gilt der in der Zivilprozessordnung normierte Pfändungsschutz auch im Insolvenzverfahren.

Unpfändbar ist ein Pkw gem. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, wenn er für eine auf körperlicher, geistiger oder sonstiger persönlicher Leistung beruhende Erwerbstätigkeit erforderlich ist. Unerheblich ist, ob die Tätigkeit selbstständig oder unselbstständig ausgeübt wird (vgl. Ahrens, NJW-Spezial, Heft 23, 2012, S. 725). Unter diesen Schutz fällt auch der Ehegatte des Schuldners.

Erforderlich für die Erwerbstätigkeit ist ein Pkw, wenn er etwa für Kunden- oder Patientenbesuche, den Transport nicht ganz unerheblicher Warenmengen bzw. zum Erreichen eines mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht oder nur unzureichend erreichbaren Arbeitsplatzes benötigt wird.
Mit Urteil vom 28.01.2010 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Pkw des Schuldners auch dann unpfändbar ist, wenn dessen Ehegatte das Fahrzeug benötig, um eine Erwerbstätigkeit ausüben zu können. Für die täglichen Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte kann ein Pkw erforderlich sein, wenn der Arbeitnehmer nicht in zumutbarer Weise öffentliche Verkehrsmittel benutzen kann. Inwieweit die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Schuldners, der öffentlichen Verkehrsanbindungen und des Arbeitsverhältnisses zu entscheiden ist. Dabei kann auch eine Rolle spielen, dass es dem Schuldner nach Feierabend regelmäßig nicht zuzumuten ist, ungewöhnlich lange auf öffentliche Verkehrsmittel für den Weg nach Hause zu warten.

Allerdings besteht auch bei Fahrzeugen, die erforderlich sind, um den Arbeitsplatz zu erreichen, die Möglichkeit einer Austauschpfändung nach § 811 a ZPO. Im Falle einer Austauschpfändung wird ein höherwertiges Fahrzeug regelmäßig gegen einen einfacheren Pkw ausgetauscht. Dieser muss lediglich dem geschützten Verwendungszweck nach seiner Ausgestaltung genügen, nicht jedoch von gleicher Art und Güte sein. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 16.06.2011 nochmals ausdrücklich betont. Dem Schutzzweck von § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO wird nach Auffassung des Bundesgerichtshofes jedoch nicht entsprochen, wenn das Ersatzstück nicht die annähernd gleiche Haltbarkeit und Lebensdauer wie der gepfändete Gegenstand aufweist.

Der Pkw eines gehbehinderten Schuldners ist nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO in Verbindung mit § 811 Abs. 1 Nr. 12 ZPO nicht zur Insolvenzmasse zu zählen, wenn die Benutzung des Pkws erforderlich ist, um die Gehbehinderung teilweise zu kompensieren und die Eingliederung des Schuldners in das öffentliche Leben wesentlich zu erleichtern. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Fahrzeug für den Schuldner unentbehrlich ist. Auch muss der behinderte Schuldner nicht erwerbstätig sein.

Für den Fall, dass der Pkw des Schuldners zur Insolvenzmasse zu zählen ist, stellen die im Hinblick auf das Fahrzeug anfallenden Steuern sog. Masseverbindlichkeiten dar. Der Bundesfinanzhof hat zwischenzeitlich wesentliche Aussagen dazu getroffen, wann die Kfz-Steuern Masseverbindlichkeiten darstellen. Demnach ist die nach Insolvenzeröffnung entstandene Kraftfahrzeugsteuer eine Masseverbindlichkeit im Sinne der Vorschrift des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, wenn das Fahrzeug, für dessen Halter die Kraftfahrzeugsteuer geschuldet wird, Teil der Insolvenzmasse ist. Bei insolvenzfreien Fahrzeugen besteht hingegen kein Bezug der Kraftfahrzeugsteuer zur Insolvenzmasse.

Bei einer Freigabe eines massezugehörigen also nicht pfändungsgeschützten Pkw entfällt ein Bezug der Kfz-Steuer zur Insolvenzmasse. Daher stellt die Kfz-Steuer nach einer solchen Freigabe grundsätzlich keine Masseverbindlichkeit dar.

Die vorbezeichneten Grundsätze können im Wesentlichen auf Versicherungsprämien der erforderlichen Pflichtversicherungen übertragen werden.

Regelmäßig wird jedoch auch im Falle der Unpfändbarkeit eines Fahrzeugs eine entsprechende Erklärung des Insolvenzverwalters / Treuhänders gegenüber der Finanzverwaltung bzw. der Kraftfahrzeugzulassungsstelle erforderlich sein, um eine Zugehörigkeit des Fahrzeugs zur Insolvenzmasse sicher ausschließen zu können.


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