05.09.11 | Besteht in dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Aufrechnungsanspruch bzw. ein Aufrechnungsrecht, bleibt dieses auch dann erhalten, wenn die aufgerechnete Gegenforderung nach einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan als erlassen gilt (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2011, IX ZR 222/08).
Treten mit formeller Rechtskraft des Insolvenzplans gem. § 254 Abs. 1 InsO die in einem gestaltenden Teil festgelegten materiellen Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein, können Insolvenzforderungen nur noch in Höhe der vereinbarten Quote durchgesetzt werden. Die Forderungen sind zwar – soweit sie anlässlich des Insolvenzplanverfahrens als erlassen gelten – nicht erloschen, bestehen indes nur noch als unvollkommene Verbindlichkeiten fort, deren Erfüllung nicht erzwungen werden kann. Die Aufrechnung mit einer solchen nicht durchsetzbaren Forderung ist demnach grundsätzlich ausgeschlossen. Ausnahmsweise anders verhält es sich jedoch dann, wenn die Aufrechnungslage bereits bei Verfahrenseröffnung bestand. Die Vorschrift des § 94 InsO regelt, dass das bei Verfahrenseröffnung bestehende Aufrechnungsrecht „durch das Verfahren nicht berührt“ wird.
In der Zustimmung zum Insolvenzplan oder in der widerstandslosen Hinnahme des Plans liegt regelmäßig kein Verzicht im Hinblick auf eine mögliche Aufrechnung durch den dazu berechtigten Gläubiger. Bezieht sich der Teilerlass des Plans nicht auch auf einen Ausschluss der Aufrechnungsmöglichkeit, kann das Einverständnis eines aufrechnungsberechtigten Insolvenzgläubigers nicht gleichzeitig als Verzicht zum eigenen Nachteil ausgelegt werden.
Nach Auffassung des BGH erlaubt die Zustimmung zum Insolvenzplan auch nicht den Schluss, nach Rechtskraft des Plans würde zur Abwehr von Ansprüchen der Masse von einer bestehenden Aufrechnungsmöglichkeit kein Gebrauch mehr gemacht werden.
Insoweit hat sich der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung gegen die wohl überwiegende Auffassung im Schrifttum für den Fortbestand der Aufrechnungsbefugnis ausgesprochen. Es wird nun zukünftig Sache des Insolvenzverwalters sein, bestehende Aufrechnungslagen in den Plan einzubeziehen und dort Regelungen für einen Aufrechnungsausschluss vorzusehen.