13.10.2020 | Dass der Geschäftsführer einer GmbH von unserer Rechtsordnung erheblichen persönlichen und wirtschaftlichen Risiken ausgesetzt wird, ist kein Geheimnis, sondern harte Realität. Solchen Risiken versuchen Geschäftsführer mit einer sogenannten „D & 0 – Versicherung“ (Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung) entgegenzuwirken — ein sicherlich redliches Ansinnen nicht zuletzt auch zum Schutz der Familie. Allerdings führt der Abschluss einer derartigen Versicherung häufig zu Fehlvorstellungen über die Reichweite einer solchen D&O-Versicherung nach dem Motto: „Ich bin durch meine Geschäftsführer-Versicherung abgesichert, ich habe deshalb nichts zu befürchten.“ Eine derartige „gedankliche Atmosphäre“ kann bisweilen dazu führen, die rechtlichen Anforderungen an das Amt eines Geschäftsführers zu relativieren und auf die so häufig zitierte „leichte Schulter“ zu nehmen. Spätestens dann, wenn der Geschäftsführer in Anspruch genommen wird, offenbart sich, ob er das finanzielle Desaster aus eigener Tasche zahlt oder ob „seine“ D&O Versicherung eintritt, für die ggfs. jahrelang die Beiträge geleistet worden sind.
Anschaulich wird die Problematik anlässlich der kürzlich ergangenen Grundsatzentscheidung des OLG Düsseldorf zur Eintrittspflicht einer D&O Versicherung bei insolvenzrechtswidrig geleisteter Zahlung einer GmbH.
Um was ging es:
Die Geschäftsführerin einer GmbH hatte nach Eintritt der Insolvenzreife noch Überweisungen in einer Größenordnung von rund 220.000,00 Euro getätigt. Dies verstößt gegen den § 64 GmbH-Gesetz. Danach ist ein Geschäftsführer zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung der Überschuldung an Dritte geleistet werden. Hierbei geht es ausschließlich um die Vermeidung einer Masseschmälerung zu Lasten von Gläubigern der Gesellschaft, nicht hingegen um die Gesellschaft selbst. Das Unangenehme hierbei ist: Der Eintritt der Insolvenzreife richtet sich nach objektiven Kriterien und nicht nach der subjektive Bewertung des Geschäftsführers.
Der Insolvenzverwalter der GmbH hat die Geschäftsführerin vor Gericht persönlich erfolgreich auf die von Ihr vorgenommenen Überweisungen von insgesamt rd. 220.000 Euro in Anspruch genommen.
Die Ernüchterung:
Die Geschäftsführerin ging davon aus, dass die D&O Versicherung einen solchen Regress-Anspruch wegen Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife abdeckt. Schließlich konnte in den gegen sie geführten Verfahren nicht festgestellt werden, dass die Geschäftsführerin wissentlich gegen § 64 GmbHG verstoßen hatte. Ein fataler Irrtum!
Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 20.07.2018) hat entgegen der Vorstellung der Geschäftsführerin — rechtskräftig — entschieden, dass es sich bei einem Anspruch aus § 64 GmbH um einen „Anspruch eigener Art“ handelt, der ausschließlich dem Schutz der Gläubiger eines insolventen Unternehmens dient. Ein solcher Anspruch sei nicht vergleichbar oder gar identisch mit einem Schadensersatzanspruch wegen eines Vermögensschadens, der von einer D&O Versicherung erfasst wird. Bei dem Ersatzanspruch handele es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch „im versicherungsrechtlichen Sinne“.
Demzufolge ist der Haftungsschaden der Geschäftsführerin von der D&O Versicherung nicht zu tragen. Die Geschäftsführerin muss die vom Insolvenzverwalter geforderte Gesamtsumme aus eigener Tasche begleichen.
Fazit:
Es ist ein Trugschluss, dass eine D&O Versicherung sämtliche sich verwirklichenden Risiken eines Geschäftsführers abdeckt. Das oberste Ziel eines Geschäftsführers muss es also sein, seine Amt unabhängig von einer wie auch immer gearteten Versicherung gesetzeskonform auszufüllen.
Eine D&O Versicherung ist sicherlich eine sinnvolle Absicherung, aber auf keinen Fall eine Vollkaskoversicherung. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf macht deutlich, dass es für den Geschäftsführer einer GmbH — oder auch für den Vorstand einer Aktiengesellschaft —geboten ist, ständig ein „up date“ seiner Verpflichtungen entsprechend den Anforderungen der aktuellen Rechtslage durchzuführen — national wie international.
Anspruch genommene Geschäftsführerin war angestellte Chemikerin in einem anderen Unternehmen und hatte die Position als Geschäftsführerin formal aus familiären Gründen übernommen. Dies ist menschlich nachvollziehbar – rechtlich allerdings unerheblich.