04.06.13 | Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 14.02.2013 zu dem gerichtlichen Aktenzeichen IX ZR 115/12 entschieden, dass im Falle der Vollstreckung von Sozialversicherungsbeiträgen durch das Hauptzollamt von diesem gewonnene Erkenntnisse dem beauftragenden Sozialversicherungsträger zuzurechnen sind.
Beauftragt eine Behörde eine andere Behörde mit der Vollstreckung fälliger Forderungen mit der Folge, dass diese für das Vollstreckungsverfahren als Gläubigerin auftritt, muss sich die ersuchende Behörde das Wissen des Sachbearbeiters der ersuchten Behörde im Hinblick auf eine Anfechtung zurechnen lassen.
Bei der Beurteilung der subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO sind der Einzugsstelle die Kenntnisse des Sachbearbeiters des Hauptzollamtes, dessen sich die Stelle bei der Vollstreckung ihrer Bescheide bedient hat, entsprechend § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen. Die Vorschrift des im vorliegenden Fall anzuwendenden § 5 Abs. 1 VwVG sieht eine Anwendung des § 252 AO vor. Diese Vorschrift enthält eine gesetzliche Fiktion, wonach der Gläubiger des zu vollstreckenden Anspruchs die Vollstreckungsbehörde wird, die mit der Vollstreckung beauftragt ist. Dies gilt auch dann, wenn die Vollstreckungsbehörde Ansprüche anderer Körperschaften vollstreckt. Die als Gläubigerin fingierte Körperschaft erwirbt danach die Pfändungspfandrechte an Sachen sowie die Pfändungspfandrechte an beweglichen und unbeweglichen Sachen sowie an Forderungen.
Zwar geht die Forderung materiell-rechtlich nicht auf die Vollstreckungsbehörde über, dennoch muss der Gläubiger als befriedigt angesehen werden, wenn die Forderung vollstreckt wurde. Daher kann die ersuchte Vollstreckungsbehörde auch nicht mit einem Gerichtsvollzieher gleichgesetzt werden, der nicht Vertreter des Gläubigers bei der Pfändung ist, sondern allen Beteiligten des Zwangsvollstreckungsverfahrens als Beamter gegenübersteht.
Die ersuchte Vollstreckungsbehörde tritt demgegenüber in die Gläubigerstellung der Behörde ein, in deren Auftrag sie vollstreckt. Dabei hat sie Kenntnisse, die sie hinsichtlich einer eventuellen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auf Grund dieser Stellung erlangt, für die ersuchende Behörde zu sammeln und an diese weiterzuleiten. Dies rechtfertigt es nach Auffassung des Bundesgerichtshofes, die von ihr erlangten Kenntnisse der ersuchten Behörde zuzurechnen.
Anzuraten wäre deshalb, mit der Vollstreckung einen Gerichtsvollzieher zu beauftragen und diesen – zur Vermeidung einer nach § 133 Abs. 1 InsO erforderlichen Rechtshandlung des Schuldners – anzuweisen, unmittelbar die Pfändung und Verwertung vorgefundener Vermögensgegenstände zu betreiben.