23.02.16 | Die Höhe der zu entrichtenden Lohnsteuer richtet sich bei Arbeitnehmern nach der individuellen Steuerklasse. Im Fall von zusammenveranlagten Ehegatten können dies die Steuerklassen III, IV und V sein. Sind beide Ehegatten berufstätig, können beide die Steuerklasse IV wählen. Demgegenüber ist auch eine Steuerklassenwahl der Ehegatten in die Steuerklasse III und die ungünstigere Steuerklasse V möglich. In der Regel wird von den Ehegatten die Variante III und V gewählt, wenn ein Ehepartner wesentlich mehr verdient. Bei etwa gleichem Einkommen der Ehepartner wird demgegenüber die Steuerklassenwahl für beide auf IV entfallen.
Befindet sich ein oder sogar beide Ehepartner im Insolvenzverfahren bestehen Einschränkungen bei der Steuerklassenwahl. So hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 03.07.2008 zu dem gerichtlichen Aktenzeichen IX ZB 65/07 eine die Gläubiger benachteiligende Wahl der Steuerklasse als Verletzung der Erwerbspflicht angesehen, die auch die Aufhebung der Verfahrenskostenstundung gem. § 4 c Nr. 5 InsO rechtfertigt. Dies hat der Bundesgerichtshof damit begründet, dass der Schuldner im Hinblick auf die Subsidiarität der Stundung der Verfahrenskosten verpflichtet ist, seine Steuerklasse so zu wählen, dass sein pfändbares Einkommen nicht zum Nachteil der Gläubiger und der Staatskasse auf 0 reduziert wird. Lediglich für den Fall, dass ein sachlicher Grund für die Wahl der ungünstigeren Steuerklasse vorliegt, soll dies für das Insolvenzverfahren rechtlich ohne Konsequenz sein. Hat der Schuldner demgegenüber ohne einen sachlichen Grund die Steuerklasse V gewählt um seinen nicht insolventen Ehegatten die Vorteile der Steuerklasse III zukommen zu lassen, ist ihm in Hinblick auf die Verfahrenskostenstundung zuzumuten, in die Steuerklasse IV zu wechseln, um sein liquides Einkommen zu erhöhen.
Entsprechend den Grundsätzen der Individualzwangsvollstreckung, nach denen analog § 850 h Abs. 2 ZPO eine missbräuchliche Steuerklassenwahl den Gläubigern gegenüber unbeachtlich ist, muss sich auch der Schuldner bei der Verfahrenskostenstundung so behandeln lassen, als hätte er keine die Steuerklasse benachteiligende Steuerklassenwahl getroffen. Demzufolge war im vorliegenden Fall der Insolvenzverwalter berechtigt, einen Betrag von rund 3.000,00 € vom Schuldner anzufordern, der bei Zugrundelegung der Steuerklasse IV als pfändbarer Betrag der Insolvenzmasse zur Verfügung gestanden hätte. Da der Schuldner im zu beurteilenden Fall dieser Aufforderung des Insolvenzverwalters nicht nachgekommen war, hat der Bundesgerichtshof die durch das Insolvenzgericht und durch das Beschwerdegericht erfolgte Aufhebung der Verfahrenskostenstundung bestätigt.
In der Wohlverhaltensperiode nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gem. § 200 InsO gilt die in § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO normierte Erwerbsobliegenheit unbeschränkt. Ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit kann zur Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 296 InsO führen. Dies gilt auch für die Wahl einer ungünstigeren Steuerklasse ohne sachlichen Grund. So hat der Bundesgerichtshof mit weiterem Beschluss vom 05.03.2009 zu dem gerichtlichen Aktenzeichen IX ZB 2/07 seine Rechtsprechung bestätigt, wonach ein verheirateter Schuldner ohne sachlichen Grund die Steuerklasse V wählt, dies ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit darstellen kann.
Insoweit ist verheirateten Schuldnern gegenüber anzuregen, zur Vermeidung von möglichen Problemen innerhalb des Insolvenzverfahrens von vornherein die Steuerklasse IV zu wählen.