22.06.17 | Ein Schiedsverfahren speziell bei rechtlichen Streitigkeiten im internationalen Wirtschaftsverkehr hat erhebliche Vorteile gegenüber einem Verfahren vor den staatlichen Gerichten. Dies betrifft speziell auch den Aspekt der Zeugenvorbereitung durch einen Anwalt der Prozessparteien (sog. Witness Coaching). In diesem Zusammenhang ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen der „Einstimmung“ eines Zeugen auf die Formalien seiner anstehenden Beweisaussage und der unzulässigen Beeinflussung seiner inhaltlichen Aussage. Deutlich wird dies insbesondere dann, wenn in einer rechtlichen Auseinandersetzung Anwälte eingebunden sind, die mit der US-amerikanischen Praxis eines Zivilverfahrens vertraut und dort heimisch sind. Denn dort ist das Witness Coaching als Zeugenvorbereitung Teil des Rechtssystems und gängige Praxis im Rahmen der Rechtsverfolgung.
Demgegenüber wird eine Zeugenvorbereitung von der hiesigen Praxis und damit Gerichten anlässlich einer bevorstehenden Beweisaufnahme bei einem staatlichen bzw. ordentlichen Gericht mit Zurückhaltung und Argwohn betrachtet. Dies resultiert insbesondere aus dem Umstand, dass die Grenze zur Verleitung einer Falschaussage oder auch nur der Versuch hierzu nach den einschlägigen Strafvorschriften (§§ 159, 160 Strafgesetzbuch) schnell überschritten werden kann. Denn nach der hiesigen Rechtsvorstellung gilt die Forderung, wonach schon der Anschein einer unzulässigen Zeugenbeeinflussung zu vermeiden ist.
Hier zeigt sich ein deutlicher Vorteil und ein Argument für die Vereinbarung eines internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Gegensatz zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren vor einem deutschen Gericht. Denn nach herrschender Auffassung wird die Zeugenvorbereitung bzw. das Witness Coaching nach US-amerikanischem Vorbild als eine zulässige Prozesshandlung weiter anerkannt und nicht als unzulässige Zeugenbeeinflussung verstanden. Hierdurch darf natürlich die Forderung an den Zeugen zu einer prozessualen Wahrheitspflicht nicht unerfüllt bleiben.
Die Zeugenvorbereitung kann vielfältige Formen annehmen. Eine zentrale Form ist die Durchführung eines Probelaufs der zu erwartenden Befragung des in Aussicht genommenen Zeugen (sog. „mock Trial“). Dies kann bis zur Einflussnahme auf die Wortwahl des Zeugen führen; ein Einfluss auf den Inhalt der Zeugenaussage darf damit natürlich nicht verbunden sein. Eine solche Vorgehensweise, sofern das hier angerufene ordentliche Zivilgericht dem nachgeht, könnte zu einer Ablehnung des so „präparierten“ Zeugen führen, was wiederum verheerende Folgen für die beweisbelastete Partei haben kann.
Die vorstehende Darlegung macht deutlich, dass die Vereinbarung eines Schiedsgerichts im internationalen Wirtschaftsverkehr auch unter dem Gesichtspunkt der Beweisführung einen erheblichen Vorteil bietet gegenüber einem Verfahren vor einem staatlichen Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Es kann sich deshalb nachhaltig empfehlen, bei dem Abschluss von internationalen grenzüberscheitenden Verträgen ein Schiedsgericht für sämtliche Rechtsstreitigkeiten zu vereinbaren.